Donnerstag, 19. April 2007

Eine Trauerrede

Günther Oettinger ist ein Überzeugungstäter. Das hat er selbst gesagt: „Meine Rede war öffentlich, ernst gemeint, und die bleibt so stehen“, schleuderte Baden-Württembergs Landesvater vor gerade mal einer Woche seinen zahlreichen Kritikern entgegen. Der Zentralrat der Juden, SPD, Grüne und FDP warfen dem CDU-Politiker zu Recht vor, er habe mit seiner Grabrede auf Hans Filbinger Geschichtsklitterung betrieben. Er bedauere es, wenn er missverstanden worden sei, schrieb Oettinger dann am Samstag in einem offenen Brief. Zuvor hatte ihn sogar Angela Merkel öffentlich abgewatscht. Am Montag schob der Jurist eine Entschuldigung nach – in der er Filbinger wieder in Schutz nahm. Ein paar Stunden später erklärte er: „Ich halte meine Formulierung nicht aufrecht.“
Alles nur ein blödes Missverständnis? Bestimmt nicht! Oettingers Worte der Würdigung am Sarg von Filbinger waren eindeutig formuliert: „Anders, als in einigen Nachrufen zu lesen, gilt es festzuhalten: Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil. Er war ein Gegner des NS-Regimes.“ So schnell wird aus einem überzeugten Marinerichter ein armer Verfolgter, ein Leidtragender, der „schicksalhaft in eine Situation hineingeraten“ sei. Das ist nichts anderes, als ein Rehabilitierungsversuch der unverschämten Art für einen, der Öl im Getriebe des Dritten Reiches war. Und ein Schlag ins Gesicht der NS-Opfer.
Das kommt zwar bei Rechtsauslegern in der Süd-West-Union und bei der NPD an – aber ein solches Umbiegen der Vergangenheit ist schlicht ein Skandal. Oettinger wusste, was er tat. Es gab warnende Stimmen in seiner Staatskanzlei – der Regierungschef hat sie ignoriert. Stattdessen fantasierte er etwas von einer rot-grünen Kampagne gegen ihn. Und der CDU-Mann Georg Brunnhuber wirft dem Zentralrat vor, mit seiner Kritik den Rechten in die Hände zu spielen. So einfach ist das: Die Juden sind schuld.
Vieles erinnert an Filbinger. Der war stets mit sich und seiner Vergangenheit im Reinen, sprach von einer Hetzjagd gegen ihn. Doch Sturheit kommt vor dem Fall. 1978 musste der Uneinsichtige zurücktreten. Und Oettinger? Der wird wohl bleiben.

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